von Stefanie Fröhlich
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13. November 2022
Gestern Abend war ich mit meiner Freundin etwas trinken und sie erzählte mir, dass sie mit ihrem 2-jährigen nicht mehr auf den Spielplatz geht, da er dort momentan ständig andere Kinder schlägt. Kein anderes Kind darf seine Spielsachen anfassen und ständig gebe es dort Streit und Ärger. Sie erzählte mir, dass ihr Mann ihr riet, dem Sohn keine Spielsachen mitzugeben und ihre Mutter ihr empfiehl, ihm doch jedes Mal einen Klaps auf den Po zu geben. Ihr selbst war das ganze einfach nur noch peinlich und sie mied die Situation auf dem Spielplatz. Ich dachte an die Kleinkinder Zeit bei meinen Kindern und ich erinnerte mich an die vielen Gedanken und alten Glaubenssätze in meinem Kopf. Oft hörte ich so viele Stimmen und Ratschläge in mir, dass ich schon gar nicht mehr wusste, was eigentlich wirklich meine eigene Stimme war. Damals las ich zufällig einen Artikel über die „Amygdala“ (ein Teil unseres Gehirn, was unter anderem für unsere emotionalen Reaktionen zuständig ist). Dies half mir meine Kinder zu verstehen. Was passiert da also im Kopf von 2jährigen Kindern? Hier nun eine Zusammenfassung von mir: Die Entwicklung von unserem Gehirn ist tatsächlich erst mit circa 25 Jahren komplett abgeschlossen. Zwischen 3 und 7 Jahren passiert eine sehr rasante Entwicklung. Bis zum 3. Lebensjahr verfügen Kinder über keine „inhibitorische Schleife“ (du kannst dir das wie eine STOPP Taste in deinem Gehirn vorstellen). Diese Stopp Taste entwickelt sich erst im 3./4. Lebensjahr. Sie sorgt dann dafür unsere ersten Impulse zu bremsen. Kinder mit 2-3 Jahren haben ein großes Neuronen Chaos im Kopf. Ab ca. 3 Jahren geht es langsam los mit der „Entwirrung“. Ärgere ich mich als Erwachsener z.B. über eine Aussage von meinem Kollegen, springt mein Emotionszentrum an (die Amygdala – ich nenne sie auch gerne „Tatütata Amygdala“). Ich als Erwachsener steuere aber dann mit meinem präfrontalen Cortex mein logisches Denken an. Auch wenn mir danach ist, ihm den Tacker an den Kopf zu schmeißen, tue ich genau das nicht, sondern drehe eine „Schleife“ in meinem Kopf. Ich frage mich vielleicht:, „Hat er das jetzt wirklich gesagt? Was genau meint er damit?“ Ich habe dann die Möglichkeit in eine Diskussion zu gehen, oder meine Reaktion bewusst zu steuern. Jetzt mal ganz ehrlich: funktioniert das IMMER bei uns? Oder flippen wir selber manchmal einfach aus und ärgern uns dann kurze Zeit später über unsere Reaktion? Kleine Kinder haben aber nicht mal die Möglichkeit ihr logisches Denken anzuschmeissen. Es ist ihnen definitiv noch nicht möglich, da diese Verbindung im Gehirn noch nicht da ist. Hier erfolgt also auf einen Reiz eine Reaktion und dann landet eben in unserem Beispiel die Schaufel auf dem Kopf von einem anderen Kind. Natürlich gibt es hier unterschiedliche Persönlichkeiten. Es gibt Kinder die brüllen, wenn sie sich geärgert fühlen, Kinder, die kaum reagieren und eben mein Kind, dass die Schaufel fliegen lässt. Dazu kommt noch ein weiterer Aspekt: die „Theorie des Mentalen“ (Theory of Mind). Dies beschreibt die Fähigkeit, sich in die Gedanken anderer hineinversetzen zu können. Bedeutet, die Gedanken und die Überzeugungen von anderen logisch zu erschließen. Diese Fähigkeit ist nicht angeboren, sondern entwickelt sich erst mit der Zeit. Was sagt uns das jetzt? Kurzgesagt einem 2jährigen ist es ziemlich „wurscht“, ob die Schaufel auf dem Kopf jemand anderem weh tut. Denn in seiner Wahrnehmung existieren Gefühle oder Schmerzen des anderen Kindes gar nicht. Was können wir denn nun aktiv in genau dieser Situation tun? Meine Einladung an dich: Aushalten und versuchen nicht zu bewerten. Sehen was gerade passiert und eben genau dies aussprechen. Du kannst zum Beispiel sagen: „Du bist wütend, weil du alleine mit deinen Spielsachen spielen willst.“ Du hilfst damit deinem Kind sich zu entwickeln, da du seine Gefühle spiegelst und in Worte fasst. Du arbeitest hier sogar aktiv an seiner mentalen Entwicklung! Was braucht dein Kind jetzt? „Du möchtest deine Ruhe und alleine spielen?“ Biete dann eine Alternative an und gehe liebevoll in deine elterliche Macht: „Wir gehen hier hinüber, denn da ist kein anderes Kind.“ Nein, dein Kind ist kein Tyrann. Nein, dein Kind will dich damit nicht ärgern. Ja, es steckt immer ein nicht erfülltes Bedürfnis dahinter. Dein Kind handelt in diesem Moment aus seiner besten Option heraus. Und wenn du jetzt denkst, „aber irgendwann muss er doch teilen lernen.“ Dann verabschiede dich von diesem verstaubten Glaubenssatz. Er wird es lernen! Ganz sicher! Vertraue! Du als Mama, oder Papa darfst dich fragen: Welches Bedürfnis ist bei meinem Kind nicht erfüllt? Ruhe? Will es vielleicht deine Aufmerksamkeit? Ist dein Kind müde, hungrig? Hat es heute vielleicht schon viele Kompromisse geschlossen und ist jetzt nicht mehr bereit für einen weiteren Kompromiss? Am Ende geht es bei deiner Reaktion immer um das WIE. Wie handelst du? Versuche im Vertrauen zu bleiben, was ist jetzt in diesem Moment da? Und wenn es diesmal nicht geklappt hat, sei nicht nur milde zu deinem Kind, sondern auch zu dir! Es wird bestimmt ein nächstes Mal geben.... Alles Liebe, Eure Steffi